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Mittwoch, 15. Juli 2015
Mittwoch, 15. Juli 2015
Junglehrerlos
Kategorie: #ich schreibe
Die Lehrerin. Der Tragödie erster Teil.
Schulschluss.
In einem hochgewölbten, engen Salzburger Zimmer die Lehrerin, unruhig auf ihrem Sessel am Pulte.
Habe nun, ach! Philosophie,
Französisch und Psychologie,
Und kurz auch mal Geographie!
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;
Heiße Magister, nicht Bätschler zwar,
Und ziehe schon fast ein ganzes Jahr,
Herauf, herab und quer und krumm,
Meine SchülerInnen an der Nase herum -
Und sehe, dass wir nichts wissen können!
Denn es geht jetzt drum, Kompetenzen zu kennen.
Zwar bin ich gescheiter als alle Experten
Am Bifie1, die Leistung bloß mit Rastern bewerten;
Die Regierung hat kein Geld und keine Skrupel,
Aber ich fürcht‘ weder Heinisch-Hosek noch Häupl -
Dafür sind mir auch alle Werteinheiten entrissen,
Und das BORG², ja, das werd ich vermissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Mit Schülern üben und erklären.
So hab ich weder Stund‘ noch Geld,
Noch Werteinheit in dieser Welt;
Es möchte kein UP3 so länger leben!
Drum hab ich mich dem Werkvertrag ergeben,
Ob mir durch Kunden Wunsch und Fragen,
Nicht mancher Kurs wird zugetragen;
Dass ich nicht mehr, mit sauerm Schweiß,
Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;
Dass ich erkenne, wer den LSR4
im Innersten regiert als Herr,
Schau alle Objektivierung und Verfahren,
Und tu nicht mehr ohne Ahnung verharren.
O sähst du, Sommersonnenschein,
Zum letzten Mal auf meine Pein,
Den ich nach manchmal kurzer Nacht
Am Lehrerpult herangewacht:
Dann, über Büchern und Papier
Glücksel’ge Kollegen, erschient ihr mir!
Ach! könnt ich doch auf BORGeshöhn
In eurem lieben Lichte gehen!
Um Lehrerhöhle mit Schülern schweben,
Auf Konferenzen in eurem Dämmer weben,
Mit all dem Wissen voll beladen
In eurer Schul‘ gesund mich baden!
Weh! wart ich auf den Anruf noch?
Verfluchtes dumpfes Sommerloch!
Wo selbst das liebe Himmelslicht
Trüb durch unsich're Zeiten bricht!
Beschränkt von diesem Bücherhauf,
Den Würme nagen, staubbedeckt,
Den, bis an die hohe Schulglocke hinauf,
Ein korrigiert Papier umsteckt;
Mit Stiften, Heften rings umstellt,
Mit Formularen vollgepfropft,
Der Kollegen Zeug noch drein gestopft -
Das ist meine Welt! das heißt eine Welt!
Und fragt ihr noch, warum mein Herz
Sich bang in meinem Busen klemmt?
Warum ein unerklärter Schmerz
Mir alle Lebensregung hemmt?
Statt der pädagogischen Natur,
Da der LSR die Lehrer schickt hinein,
Umgibt in Sonn‘ und Urlaub nur
Mich Zukunftsangst und Abschiedspein.
Bewirb dich! Auf! Hinaus ins weite Land!
Und dies geheimnisvolle Buch
Von der Ministerin eigner Hand
Ist dir es nicht Geleit genug?
Erkennest dann der Zuteilung Lauf,
Und wenn der LSR dich unterweist,
Dann geht die Seelenkraft dir auf,
Wie spricht ein Geist zum andern Geist.
Umsonst, dass trock’nes Sinnen hier
Die heil’ge Reihung dir erklärt.
Ihr schwebt, ihr Beamten, neben mir;
Antwortet mir, wenn ihr mich hört!
(Sie schlägt das Buch auf und erblickt das Zeichen des Bildungsministeriums.)
Ha! welche Wonne fließt in diesem Blick
Auf einmal mir durch alle meine Sinnen!
Ich fühle junger Lehrer Lebensglück
Neuglühend mir durch Nerv und Adern rinnen.
War es ein Hofrat, der diese Zeichen schrieb,
Die mir das innre Toben stillen,
Das arme Herz mit Freude füllen,
Und mit geheimnisvollem Trieb,
Die Stellen an AHS rings um mich her enthüllen?
Bin ich ein KV5? Mir wird so licht!
Ich schau in diesen reinen Zügen
Die wirkende Bürokratie vor meiner Seele liegen.
Jetzt erst erkenn ich, was die Frau Direktor spricht:
„Der Stellenmarkt ist nicht verschlossen;
Nur dein Fach ist zu, dein andres auch!
Doch, bade, Lehrer, unverdrossen
Und sei es bloß mit Gartenschlauch!“
(Sie beschaut das Zeichen.)
Wie alles sich zum Stundenplan webt,
Ein Fach im andern wirkt und lebt!
Wie die Lehrkräfte auf und nieder steigen
Und sich die weißen Kreiden reichen!
Mit fachdidaktischen Schwingen
Vom Schulbuch in die Schülerköpfe dringen,
Harmonisch all den Stoff durchbringen!
Welch Schauspiel! aber ach! ein Schauspiel nur!
Wo fass ich dich, pädagogische Natur?
Euch Stunden, wo? Ihr Quellen meines Strebens,
An denen Arbeit und Zukunft hängt,
Dahin die Lehrerschar sich drängt -
Ihr entfällt, ihr verrennt, und schmacht‘ ich so vergebens?
(Sie schlägt unwillig das Buch um und erblickt das Zeichen des Dienstrechtes.)
Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein!
Du, IL-Vertrag6, bist mir näher;
Schon fühl ich meine Kräfte höher,
Schon glüh ich wie von neuem Wein,
Ich fühle Mut, mich in die Schul‘ zu wagen,
Der Schüler Weh, der Schüler Glück zu tragen,
Mit Noten mich herumzuschlagen,
Und in des Lehrerzimmers Platznot nicht zu zagen.
1 Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens
2 Bundesoberstufenrealgymnasium – mein (nun ehemaliger) Arbeitsplatz
3 Unterrichtspraktikant
4 Landesschulrat
5 Klassenvorstand
6 Fixvertrag
Schulschluss.
In einem hochgewölbten, engen Salzburger Zimmer die Lehrerin, unruhig auf ihrem Sessel am Pulte.
Habe nun, ach! Philosophie,
Französisch und Psychologie,
Und kurz auch mal Geographie!
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;
Heiße Magister, nicht Bätschler zwar,
Und ziehe schon fast ein ganzes Jahr,
Herauf, herab und quer und krumm,
Meine SchülerInnen an der Nase herum -
Und sehe, dass wir nichts wissen können!
Denn es geht jetzt drum, Kompetenzen zu kennen.
Zwar bin ich gescheiter als alle Experten
Am Bifie1, die Leistung bloß mit Rastern bewerten;
Die Regierung hat kein Geld und keine Skrupel,
Aber ich fürcht‘ weder Heinisch-Hosek noch Häupl -
Dafür sind mir auch alle Werteinheiten entrissen,
Und das BORG², ja, das werd ich vermissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Mit Schülern üben und erklären.
So hab ich weder Stund‘ noch Geld,
Noch Werteinheit in dieser Welt;
Es möchte kein UP3 so länger leben!
Drum hab ich mich dem Werkvertrag ergeben,
Ob mir durch Kunden Wunsch und Fragen,
Nicht mancher Kurs wird zugetragen;
Dass ich nicht mehr, mit sauerm Schweiß,
Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;
Dass ich erkenne, wer den LSR4
im Innersten regiert als Herr,
Schau alle Objektivierung und Verfahren,
Und tu nicht mehr ohne Ahnung verharren.
O sähst du, Sommersonnenschein,
Zum letzten Mal auf meine Pein,
Den ich nach manchmal kurzer Nacht
Am Lehrerpult herangewacht:
Dann, über Büchern und Papier
Glücksel’ge Kollegen, erschient ihr mir!
Ach! könnt ich doch auf BORGeshöhn
In eurem lieben Lichte gehen!
Um Lehrerhöhle mit Schülern schweben,
Auf Konferenzen in eurem Dämmer weben,
Mit all dem Wissen voll beladen
In eurer Schul‘ gesund mich baden!
Weh! wart ich auf den Anruf noch?
Verfluchtes dumpfes Sommerloch!
Wo selbst das liebe Himmelslicht
Trüb durch unsich're Zeiten bricht!
Beschränkt von diesem Bücherhauf,
Den Würme nagen, staubbedeckt,
Den, bis an die hohe Schulglocke hinauf,
Ein korrigiert Papier umsteckt;
Mit Stiften, Heften rings umstellt,
Mit Formularen vollgepfropft,
Der Kollegen Zeug noch drein gestopft -
Das ist meine Welt! das heißt eine Welt!
Und fragt ihr noch, warum mein Herz
Sich bang in meinem Busen klemmt?
Warum ein unerklärter Schmerz
Mir alle Lebensregung hemmt?
Statt der pädagogischen Natur,
Da der LSR die Lehrer schickt hinein,
Umgibt in Sonn‘ und Urlaub nur
Mich Zukunftsangst und Abschiedspein.
Bewirb dich! Auf! Hinaus ins weite Land!
Und dies geheimnisvolle Buch
Von der Ministerin eigner Hand
Ist dir es nicht Geleit genug?
Erkennest dann der Zuteilung Lauf,
Und wenn der LSR dich unterweist,
Dann geht die Seelenkraft dir auf,
Wie spricht ein Geist zum andern Geist.
Umsonst, dass trock’nes Sinnen hier
Die heil’ge Reihung dir erklärt.
Ihr schwebt, ihr Beamten, neben mir;
Antwortet mir, wenn ihr mich hört!
(Sie schlägt das Buch auf und erblickt das Zeichen des Bildungsministeriums.)
Ha! welche Wonne fließt in diesem Blick
Auf einmal mir durch alle meine Sinnen!
Ich fühle junger Lehrer Lebensglück
Neuglühend mir durch Nerv und Adern rinnen.
War es ein Hofrat, der diese Zeichen schrieb,
Die mir das innre Toben stillen,
Das arme Herz mit Freude füllen,
Und mit geheimnisvollem Trieb,
Die Stellen an AHS rings um mich her enthüllen?
Bin ich ein KV5? Mir wird so licht!
Ich schau in diesen reinen Zügen
Die wirkende Bürokratie vor meiner Seele liegen.
Jetzt erst erkenn ich, was die Frau Direktor spricht:
„Der Stellenmarkt ist nicht verschlossen;
Nur dein Fach ist zu, dein andres auch!
Doch, bade, Lehrer, unverdrossen
Und sei es bloß mit Gartenschlauch!“
(Sie beschaut das Zeichen.)
Wie alles sich zum Stundenplan webt,
Ein Fach im andern wirkt und lebt!
Wie die Lehrkräfte auf und nieder steigen
Und sich die weißen Kreiden reichen!
Mit fachdidaktischen Schwingen
Vom Schulbuch in die Schülerköpfe dringen,
Harmonisch all den Stoff durchbringen!
Welch Schauspiel! aber ach! ein Schauspiel nur!
Wo fass ich dich, pädagogische Natur?
Euch Stunden, wo? Ihr Quellen meines Strebens,
An denen Arbeit und Zukunft hängt,
Dahin die Lehrerschar sich drängt -
Ihr entfällt, ihr verrennt, und schmacht‘ ich so vergebens?
(Sie schlägt unwillig das Buch um und erblickt das Zeichen des Dienstrechtes.)
Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein!
Du, IL-Vertrag6, bist mir näher;
Schon fühl ich meine Kräfte höher,
Schon glüh ich wie von neuem Wein,
Ich fühle Mut, mich in die Schul‘ zu wagen,
Der Schüler Weh, der Schüler Glück zu tragen,
Mit Noten mich herumzuschlagen,
Und in des Lehrerzimmers Platznot nicht zu zagen.
1 Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens
2 Bundesoberstufenrealgymnasium – mein (nun ehemaliger) Arbeitsplatz
3 Unterrichtspraktikant
4 Landesschulrat
5 Klassenvorstand
6 Fixvertrag
Donnerstag, 4. Juni 2015
Donnerstag, 4. Juni 2015
Experience Points für Leistungen: Socialcube Lite
Kategorie: #Didaktische Tools
Warum können Schüler sich stundenlang bei einem Online-Spiel konzentrieren, sich aber nicht für 15 Minuten dazu aufraffen, ihre Hausübung zu erledigen? Klar, das Eine ist Hobby, das Andere oft lästige Pflicht. Aber es lassen sich auch im Unterricht Belohnungsstrategien nutzen, die beim Zocken den "Suchtfaktor" steigern. Dort sind es Werkzeuge, Punkte oder neue Levels, die den Fortschritt begleiten. Ständig gibt es kleine Belohnungen, und zudem sind Erfolge und Konsequenzen deutlich sichtbar präsent. Eigentlich ist es nicht besonders überraschend: Wer weiß, wo er steht und wohin es geht, kommt besser voran.
Der Wiener Lehrer Christian Haschek hat auf Basis dieser Erkenntnis ein Punktesystem mit dazugehöriger Software erstellt. Somit können seine Schüler jederzeit ihren aktuellen Punktestand einsehen, und wie weit sie noch von der nächstbesseren Note entfernt sind.
Hier schreibt Christian Haschek selbst über Socialcube:
https://blog.haschek.at/xp-based-grading-system
Der Standard schrieb folgenden Artikel:
http://derstandard.at/2000009243824/5XP-fuer-Mitarbeit-Wiener-Lehrer-benotet-Schueler-wie-WoW-Spieler
So kann der Überblick dann für die einzelnen Schüler aussehen:
(c) Christian Haschek / Der Standard
In dieser Datei erkläre ich, wie Anlage und Verwaltung des Systems funktionieren:
Socialcube-Anleitung (pdf, 583 KB)
Einige Vor- und Nachteile aus der Praxis:
Der Wiener Lehrer Christian Haschek hat auf Basis dieser Erkenntnis ein Punktesystem mit dazugehöriger Software erstellt. Somit können seine Schüler jederzeit ihren aktuellen Punktestand einsehen, und wie weit sie noch von der nächstbesseren Note entfernt sind.
Hier schreibt Christian Haschek selbst über Socialcube:
https://blog.haschek.at/xp-based-grading-system
Der Standard schrieb folgenden Artikel:
http://derstandard.at/2000009243824/5XP-fuer-Mitarbeit-Wiener-Lehrer-benotet-Schueler-wie-WoW-Spieler
So kann der Überblick dann für die einzelnen Schüler aussehen:
(c) Christian Haschek / Der Standard
In dieser Datei erkläre ich, wie Anlage und Verwaltung des Systems funktionieren:
Socialcube-Anleitung (pdf, 583 KB)
Einige Vor- und Nachteile aus der Praxis:
- Die Schüler freut's tatsächlich, ihre Fortschritte so gut im Blick zu haben.
- Bei einigen gab und gibt es Probleme mit der Registrierung.
- Nachträgliche Korrekturen von Einträgen sind nicht möglich.
- Man kann nur ganze Punkte eintragen, keine Kommastellen.
- Die Schüler können - falls gewünscht - sehen, wie sie im Vergleich zu den anderen abschneiden und wie sich ihr Punktekonto im Laufe der Zeit entwickelt.
- Die Einstellungsmöglichkeiten für den Benutzer (Lehrer) sind begrenzt.
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