Freitag, 14. August 2015
Satirische Märchenstunde
Kategorie: #ich schreibe
Die politische Macht der verzauberten Kröte. Eine Stilübung.
Zusammenfassung des Inhalts:Es war einmal vor langer, langer Zeit ein alter König, der hatte drei Söhne. Um seinen Nachfolger zu finden, stellte er ihnen eine Aufgabe: Wer den schönsten Teppich im ganzen Reich an den Hof brächte, sollte der neue König werden.
Dazu ließ er drei Federn fliegen, damit ein jeder in eine andere Richtung gehe. Die beiden ältesten Söhne waren siegessicher und gaben sich kaum Mühe, denn sie hielten den jüngsten für einfältig und schwach. Diesen aber führte seine Feder zu einer verzauberten Kröte. Er erbat von ihr den schönsten Teppich und durfte mit einem prächtigen Exemplar nach Hause gehen. Als der König dies sah, protestierten die älteren Brüder und verlangten eine neue Aufgabe. Also sollten sie wieder ihrer Feder folgen und den schönsten Ring mitbringen.
Wieder gelangte der Jüngling zu der Kröte, die ihm den schönsten Ring mitgab. Abermals verlangten die empörten Brüder nach einer neuen Aufgabe. Nun sollte derjenige den Thron bekommen, der die schönste Frau an den Hof brächte.
Wiederum folgte der jüngste Sohn der Feder zur Kröte. Diese reichte ihm eines ihrer Krötenkinder. Und siehe da, die kleine Kröte wurde zu einer wunderschönen Prinzessin! Am Hofe angekommen, stellte der alte König abermals seinen jüngsten Sohn als Sieger fest.
Alle Proteste seiner Brüder halfen nichts mehr und so wurde der junge Sohn zum neuen König mit der wunderschönen Königin an seiner Seite. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Analyse - feministisch:
Alle tragenden und aktiven Rollen sind von Männern besetzt; Frauen sind nur schmückendes Beiwerk. Selbst die verzauberte Kröte hat keine politische Macht.
Analyse - literaturwissenschaftlich:
Beim vorliegenden Text handelt es sich um ein Märchen der Gebrüder Grimm, das dem klassischen dreiteiligen Aufbau folgt: Problem, abenteuerliche Suche und schließlich Belohnung des "Guten". Der Sprachstil ist altertümlich und formelhaft.
Analyse - pädagogisch:
Liebe Kinder, gebt nichts drauf, wenn andere euch nichts zutrauen. Wenn ihr brav und beharrlich seid, könnt ihr alles schaffen!
Analyse - tiefenpsychologisch/symbolisch:
Mit dem Teppich will der König herausfinden, wer der Bodenständigste unter seinen Söhnen ist. Der Ring symbolisiert Unendlichkeit und damit den Wunsch nach einem langen Fortbestand des Erbes. Die Frau als Gegenstück mahnt den neuen König, mit all seinen Fähigkeiten und Persönlichkeitsanteilen weise zu herrschen.
Analyse - stark tiefenpsychologisch/nach Freud:
Die Macht geht an denjenigen, der den Längsten hat. Die Feder ist ein Phallussymbol. Die junge Königin hat einen ausgeprägten Penisneid. Alle Söhne würden am liebsten ihre Mutter heiraten.
Analyse - vegan:
Dieses Märchen ist ungesund und ethisch nicht vertretbar, weil tierische Produkte (die Federn) darin verwendet werden!!!
(vgl. "Die drei Federn". In: Kinder- und Hausmärchen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm), 1812-15, KHM 63)